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AutorenbildWolfgang Gründinger

Gibt es ein Verbrenner-Verbot?

Aktualisiert: 26. Sept.


Altes Auto

Die EU verbietet angeblich Verbrennungsmotoren ab 2035, behaupten die einen. Das Verbrenner-Verbot gibt es in Wirklichkeit gar nicht, sagen die anderen. Was stimmt denn nun? Ich habe genauer hingeschaut.


Viele Medien und Politiker sind sich sicher: Die EU habe ein “Verbrenner-Aus” oder “Verbrenner-Verbot” beschlossen. Andere widersprechen: Autos mit Verbrennungsmotor seien gar nicht verboten worden. Klingt verwirrend - wer hat nun Recht?


Um was es geht: Das Europäische Parlament und die europäischen Regierungen (vertreten im EU-Rat) beschlossen 2023 eine Verordnung. Darin wird bestimmt: In der EU werden ab 2035 nur noch Autos neu zugelassen, wenn sie CO2-emissionsfrei fahren.


Es gibt also ein Gebot, dass ab 2035 neu zugelassene Autos nur noch emissionsfrei fahren dürfen - egal mit welchem Antrieb. Es geht um den Ausstoß, nicht um den Motor.


Die neue Regelung greift nur für neu zugelassene Autos ab 2035, nicht aber für den Bestand. Man kann sich noch am 31. Dezember 2034 ein Auto nach Wahl beim Kfz-Amt zulassen und es Jahrzehnte weiterfahren. Auch Gebrauchtwagen können unverändert weiter verkauft und gefahren werden. 


Ein Verbot von Verbrennern gibt es rein rechtlich betrachtet damit nicht. “Es gibt weder ein Verbot der altehrwürdigen Verbrenner-Technik noch eine Pflicht, auf ein Elektroauto umzusteigen”, schreibt daher auch die Autozeitschrift auto motor sport.


Woher aber kommen dann die Schlagzeilen zum “Verbrenner-Verbot”?


Rechtlich gibt es kein Verbrenner-Verbot: Auch Verbrenner dürfen weiterhin zugelassen werden, wenn sie denn emissionsfrei fahren.


Das ginge mit klimaneutralen Kraftstoffen, sogenannten E-Fuels. Diese werden synthetisch mit Strom aus Wasser und CO2 hergestellt. Autos mit E-Fuels sind auch laut EU-Regelung weiterhin erlaubt - sie stoßen schließlich beim Fahren keine CO2-Emissionen aus. Es ist aber äußerst unwahrscheinlich, dass E-Fuels bis dahin überhaupt in nennenswerter Größenordnung und annähernd erschwinglich zur Verfügung stehen. Die begrenzten Mengen werden vielmehr für Flugzeuge und Schiffsverkehr benötigt.


Faktisch läuft die EU-Verordnung also tatsächlich auf ein Verbot für neue (!) Verbrenner hinaus, weil E-Fuels einfach nicht ausreichend und erst recht nicht wirtschaftlich verfügbar sind. Für die Bestandsflotte bleibt jedoch alles unverändert.


Ist ein solches "Verbrenner-Verbot" sinnvoll?


Die EU muss bis 2050 klimaneutral werden, um die gefährliche Erhitzung des Planeten einzudämmen. Da die Lebensdauer eines Autos 15 Jahre beträgt, muss man spätestens 15 Jahre vorher - also 2035 - sicherstellen, dass neue Autos keine Emissionen mehr ausstoßen. Soweit die Idee der EU-Verordnung.


Manche zweifeln, ob das EU-Gebot überhaupt sein muss. Schließlich ist das E-Auto sowieso die überlegene Technologie und wird sich ohnehin früher oder später durchsetzen. Ob es also den Eingriff der Politik braucht, darüber kann man streiten.


Allerdings zeigt ein Blick in die Geschichte: Technologiesprünge gingen oft mit einem ordnungsrechtlichen Rahmen einher.


Auch die Pferdekutsche ist nicht einfach ausgelaufen - sie wurde verboten. "Eine Erlaubnis zum Betrieb von Pferdekutschen wird nicht mehr erteilt", hieß es in der Berliner Droschkenordnung von 1927.


Dasselbe galt für alte Glühbirnen: Glühbirnen wurden in der EU wegen ihrer schlechten Effizienz ab 2009 schrittweise verboten. Damals gab es große Aufregung - heute erinnert sich kaum einer mehr daran, und ist froh über moderne energiesparende Leuchten, die sich erst nach dem Verbot durchsetzen konnten - obwohl sie die bessere Technologie sind.


Der Vorteil einer ordnungsrechtlichen Regelung liegt darin, dass sie Technologieklarheit und Planungssicherheit schafft. Wirtschaft und Verbraucher können sich mit viel Vorlaufzeit auf einen Technologiewechsel einstellen.


In den Worten von “Autopapst” Prof. Ferdinand Dudenhöffer: “Anstatt unsere Autobauer zu retten, zerstört das Gerede über eine Abkehr vom Verbrenner-Aus unsere Industrie. Wer sagt, er wolle das Verbrenner-Verbot kippen, schadet dem Standort.”


Nicht nur der Autopapst, auch Autobosse halten wenig von der Debatte. Ford-Aufsichtsratchef Gunnar Herrmann in der BILD: BILD: Wäre die Verschiebung des für 2035 geplanten Aus für Verbrennungsmotoren eine Lösung?


Gunnar Herrmann: Klare Ansage: „NEIN!“


BILD: An Politiker und Auto-Bosse, die am Verbrenner-Aus rütteln:


Gunnar Herrmann: "Als Aufsichtsratsmitglied kann ich eigentlich nur sagen: Wenn ihr die Standorte gefährden wollt, dann ist das der Weg, diese Standorte wirklich auf die Rutschbahn zu hieven, indem ich ganz einfach die Entwicklung aussetze. Dann kommen die Autos eben aus China.“ Solche Forderungen könnten nur „dadurch begründet sein, dass Sie gar keine Strategie haben, beziehungsweise auf dem letzten Loch pfeifen, und jetzt zum lieben Gott beten, dass Sie das alte Zeug weitermachen können."



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